Rettet das blaue Herz Europas -  Save the Balkan Rivers

 

Die Königin europäischer Flüsse - die Vjosa in Albanien. © Gregor SubicDen Balkan verbindet man bei uns mit vielen Dingen: mit Urlaub am Mittelmeer, vergangene Kriege, aber sicher nicht mit tollen Flüssen. Doch tatsächlich gibt es zwischen Slowenien und Griechenland die besten Flüsse Europas – hier schlägt das blaue Herz des Kontinents. Hier kann man noch tatsächlich lebende Flüsse erleben. Kristallklare Bäche, spektakuläre Wasserfälle, tiefe Schluchten, Auwälder und große Wildflüsse mit riesigen Schotterinseln. Außerdem sind diese Flüsse eines der großen Zentren europäischer Artenvielfalt. Haben Sie gewusst, dass hier 69 Fischarten leben, die es nur hier gibt und sonst nirgends auf der Welt? Oder dass hier mehr als 40% aller in Europa gefährdeten Süßwassermuscheln und Süßwasserschnecken leben?

Kaum jemand weiß das. Doch dieser unbekannte Schatz ist bedroht. Er soll im wahrsten Sinne des Wortes hinter Dämmen verstaut werden. 2.796 Wasserkraftwerke (einschließlich Kleinwasserkraftwerke mit einer Kapazität von 0-1 MW) sollen dort in den nächsten Jahren gebaut werden – häufig mit Firmen und Geld aus dem Westen. Selbst die schönsten und wertvollsten Flussstrecken sollen nicht verschont bleiben.

Wir – die Naturschutzorganisationen Riverwatch und Euronatur – wollen diesen Exodus verhindern. In den letzten Jahren haben wir das Adernetz des Balkans studiert. Das Ergebnis ist beeindruckend: von den untersuchten 35.000 Flusskilometer sind noch etwa 80% der Flüsse in einem sehr guten oder guten Zustand: 30% fast unberührt und weitere 50% in einem guten Zustand, d.h. nur wenig beeinflusst. Innerhalb der EU ist es in der Regel eher umgekehrt – 80% sind in einem schlechten Zustand.

 

 

Das blaue Herz Europas

Auf einer Flusskarte sieht das Ergebnis so aus:

Mit blau sind alle unberührten Strecken gekennzeichnet, grün ist naturnah, gelb naturfern und rot bedeutet „eingestaut“. Während das Flussnetz im Balkan zum Größteil noch mit blau und grün eingefärbt werden kann würde eine vergleichbare Karte von “Resteuropa” rot und gelb leuchten.

 

Europäisches Artenzentrum

Die Balkanflüsse zeichnen sich auch durch eine enorm hohe Artenzahl und v.a. durch eine große Anzahl von Endemiten aus, also Arten, die nur hier vorkommen und nirgendwo sonst auf der Welt. Soweit man heute weiß, sind das bei den Fischen 69 Arten. Ebenfalls beeindruckend sind die Fakten bezüglich Süßwassermollusken (Muscheln und Schnecken): 40% aller gefährdeten Molluskenarten Europas leben in den Flüssen und Seen des Balkans.

 

 Theodoxus fluviatilis © Jörg Freyhof Die gefährdete Gestreifte Kahnschnecke (Theodoxus transversalis) © Alexander Mrkvicka

 

Doch es ist durchaus möglich, dass es noch weitere Arten gibt. Ein weiteres Merkmal der Balkanflüsse ist nämlich, dass sie häufig noch nicht wirklich erforscht sind.

Außerdem dürfte diese Region das Bestandszentrum einer ganz besonderen Art sein: der Huchen (Hucho hucho). Einst war die Art über den gesamten Donauraum verbreitet. Heute konzentriert sich das Verbreitungsgebiet der letzten „gesunden“ Huchenbestände dort  auf einige wenige Flüsse, die nun durch Staudämme bedroht sind. Bisher wusste die Wissenschaft wenig darüber. Um die Auswirkungen geplanter Wasserkraftprojekte auf den Huchen fundiert beurteilen zu können, haben wir im Rahmen der Kampagne seine Verbreitung  weiter erforscht.  Die Studie, durchgeführt von 18 Wissenschaftler aus 7 Ländern, ergab klar, dass die Balkanflüsse  das letzte große Kerngebiet dieser Art sind. In 43 Flüssen wurden auf einer Strecke von insgesamt 1.842 Kilometern überlebensfähige Huchenpopulationen nachgewiesen. Finden Sie hier die Studie und weitere Downloads.

Der Huchen (Hucho hucho) © Andreas Hartl

Würden die Staudammprojekte umgesetzt, hätte das fatale Folgen für die Artenvielfalt in Europa. Circa 75% aller gefährdeten Fisch- und 70% der gefährdeten Weichtierarten könnten in einem vom Staudammbau veränderten Lebensraum nicht überleben.

 

Die Bedrohung

Dem blauen Herz Europas droht der Infarkt. Nach unseren Untersuchungen ist in den nächsten Jahren der Bau von 2.796 Wasserkraftwerke geplant. Auf einer Karte sieht das so aus:

Viele Länder planen den „Totalausbau“ ihrer Flüsse. Nach Fertigstellung einiger neuer Dämme  sieht das Land Mazedonien den Bau  von weiteren 153 Wasserkraftwerken vor (weitere 22 werden bereits gebaut) während Albanien 305 zusätzliche Dämme plant (weitere 81 sind im Bau). In Serbien sind gleich 826 Anlagen in Planung. Wir können unser europäisches Flusserbe nur erhalten, wenn die Goldrausch-Atmosphäre, die sich seit einigen Jahren im Wasserkraftsektor abzeichnet, maßgeblich überdacht wird.

 

Der unvollendete Kalivac-Staudamm an der Vjosa in Albanien. Jetzt soll die Konzession für seinen Bau neu vergeben werden. © Roland Dorozhani

Medna Baustelle an der Sana in Bosnien: das österreichisch-deutsche Energieuntenehmen KELAG baut hier ein Wasserkraftwerk mitten in einem der letzten guten Huchenflüsse. © Matic Oblak

 

Die Kampagne

Um die Balkanflüsse als einzigartiges europäisches Naturerbe zu bewahren, haben wir in Kooperation mit der  Naturschutzorganisationen EuroNatur sowie mit lokalen Partnerorganisationen die Kampagne „Rettet das blaue Herz Europas“ ins Leben gerufen.

In unserer Kampagne konzentrieren wir uns auf vier besonders wertvolle Schwerpunktgebiete: die Vjosa in Albanien, den Mavrovo Nationalpark in Mazedonien, die Save auf ihrer gesamten Fließstrecke in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Serbien, sowie die Flüsse in Bosnien & Herzegowina. Alle vier Gebiete sind durch große Staudammprojekte bedroht.

In der Kampagne konzentrieren wir uns auf drei Flussgebiete, die unbedingt von Wasserkraftwerken frei gehalten werden müssen: Die Vjosa in Albanien, der Mavrovo Nationalpark in Mazedonien und die Save in Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina

Lesen Sie mehr über die Kampagne unter http://www.balkanrivers.net/de

 

Sava Bohinjka/Slowenien © Miha Ivanc

 

Für ausführlichere Informationen über das Blaue Herz Europas und unsere Schwerpunktgebiete besuchen Sie bitte unsere Kampagnewebsite: www.balkanrivers.net