Gemeinsame Pressemitteilung von Riverwatch und EuroNatur
++ Umweltprüfungen unzureichend ++
Wien, Radolfzell, 17.2.2017. Im aktuellen Erweiterungsbericht des EU-Parlaments kritisiert das EU-Parlament die albanische Regierung ausdrücklich wegen ihrer derzeitigen Wasserkraftpolitik. Im Mittelpunkt der EU-Kritik stehen dabei die Wasserkraftprojekte an der Vjosa, dem letzten großen Wildfluss Europas. Die EU-Abgeordneten fordern explizit, diese Wasserkraftprojekte nicht zu bauen und stattdessen einen Nationalpark zu errichten - und zwar auf der gesamten Länge des Flusses (siehe unten No. 32).
Ein derartiger „Wildfluss Nationalpark“ wäre einmalig in Europa und würde nicht nur die Lebensader Vjosa erhalten, sondern auch der lokalen Bevölkerung eine ökonomische Perspektive geben. Die Bürgermeister der Region hatten sich zuvor schon für die Errichtung eines Nationalparks und gegen den Bau von Staudämmen ausgesprochen.
Der unter der Leitung des deutschen Abgeordneten Knut Fleckenstein gefertigte Bericht ruft außerdem dazu auf, die Qualität der Umweltprüfungen den EU-Standards anzupassen (siehe unten No. 31). Diese seien in Albanien häufig von schlechter Qualität. Vor allem die Folgen der Wasserkraftwerke – so der Bericht – würden zumeist nicht erhoben, bzw. falsch dargestellt.
Das trifft in besonderem Maße für das Wasserkraftprojekt „Pocem“ zu, welches an der Vjosa gebaut werden soll. Die vom türkischen Investor vorgelegte Umweltverträglichkeitsprüfung war eine Farce. 60% des Textes waren von anderen Projekten wortwörtlich kopiert. Auf die Folgen für die betroffenen Arten wurde nicht eingegangen. Dennoch wurde das Projekt genehmigt.
„Wir haben gegen dieses Projekt bei Gericht in Tirana Klage erhoben. Dieser EU-Bericht ist eine Hilfe für uns und eine Unterstützung auch für die Bevölkerung vor Ort“, so Ulrich Eichelmann, Koordinator der Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ bei Riverwatch
Weitere Informationen
- Aktueller Erweiterungsbericht des EU-Parlaments
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31. Notes with concern the limited nature of the administrative capacities for enforcement of environmental law, as well as the poor waste management and water management, often resulting in environmental crime that threatens Albania’s economic resources and constitutes a barrier to a resource-efficient economy; underlines the need to improve the quality of environmental impact assessments, as well as to guarantee public participation and consultation of civil society in relevant projects; stresses the crucial importance of meeting climate change objectives without negatively impacting on biodiversity, the landscape, water resources, flora and fauna, and affected local populations; is deeply concerned about the fact that, according to the Commission, 44 of 71 hydropower plant projects are under construction in protected areas;
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32. Highlights that the environmental impact of hydropower plants is often not properly assessed to ensure compliance with international standards and relevant EU nature legislation; advises the government to consider the establishment of a Vjosa National Park along the whole length of the river and to abandon plans for new hydropower plants along the Vjosa river and its tributaries; urges further alignment with EU legislation in the field of energy, particularly on the adoption of a national energy strategy, in order to increase energy independence and efficiency; welcomes the 2015-2020 national action plan for renewable energy sources (RESs);
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Die Vjosa gilt als der letzte große Wildfluss Europas außerhalb Russlands. Ungestört und völlig unverbaut durchfließt sie unzugängliche Schluchten und Abschnitte mit riesigen Schotterbänken und Inseln über fast 270 Kilometer ohne Staudämme von den Pindusbergen in Griechenland bis in die albanische Adria. Die albanische Regierung unter Premierminister Edi Rama will nun im ökologisch wertvollsten Teil der Vjosa von einem türkischen Unternehmen ein Wasserkraftwerk bauen lassen.
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Die Kampagne „Rettet das Blaue Herz Europas“ hat den Schutz der wertvollsten Flüsse am Balkan zum Ziel. Sie wird von den NGOs Riverwatch und EuroNatur koordiniert und gemeinsam mit Partnerorganisationen aus den Balkanländern durchgeführt.
Rückfragen:
Ulrich Eichelmann – Riverwatch: ulrich.eichelmann@riverwatch.eu +43 676 6621512
Katharina Grund – EuroNatur: katharina.grund@euronatur.org + 49 7732 92 72-10 (Pressekontakt)