Baukosten meist doppelt so hoch wie geplant. Großwasserkraft eine Gefahr für die Wirtschaft v.a. der Schwellen- und Entwicklungsländer
Wien, 10.3.2014 Großwasserkraftwerke machen ökonomisch keinen Sinn. Die Staudammlobby arbeitet häufig mit geschönten Zahlen, um derartige Projekte durchzusetzen. Das sind einige der Ergebnisse einer neuen Studie der Universität Oxford, die heute präsentiert wurde. Aussendung der Universität Oxford. „Diese Studie ist brisant, ein wichtiger Beitrag, die Wahrheit über den Mythos Wasserkraft ans Licht zu bringen. Staudämme sind keine Lösung – sie schaffen nur Probleme", so Ulrich Eichelmann. "Staaten und internationale Finanzinstitute wie die Weltbank müssen die Finanzierung großer Dämme stoppen.“ Mehr als vier Jahre lang haben die Wissenschaftler der Universität sämtliche große Wasserkraftwerke analysiert, die zwischen 1934 und 2007 gebaut wurden und für die geeignete Daten vorliegen. 245 Projekte aus 65 Ländern haben sie dabei unter die Lupe genommen, mit Gesamtbaukosten in Höhe von 353 Milliarden US Dollar (auf Basis 2010). Die Ergebnisse sind erstaunlich:
- Die tatsächlichen Baukosten lagen im Schnitt um mehr als 90 Prozent über den projektieren, d.h. die Kosten waren fast doppelt so hoch wie zuvor angegeben. Je größer das Projekt, desto höher die Kostenüberschreitung. In diesen Kosten sind noch nicht einmal die Folgekosten für Natur und Bewohner (Umsiedlung etc.) eingerechnet. Die reale Kostenüberschreitung liegt also noch deutlich darüber.
- Die geplante Bauzeit wurde um durchschnittlich 44 Prozent überschritten. Dadurch war die benötigte Energie viel später verfügbar, als versprochen. Im Durchschnitt lag die Bauzeit bei über 8 Jahren.
- Es fand kein „Lernen“ statt. Bei neueren Projekten wurden die gleichen Fehler gemacht wie bei den alten; die heutigen Budgets sind genauso falsch wie früher. D.h. Projekte wie Ilisu (Türkei), Belo Monte (Brasilien), Xayaburi (Laos) oder Gran Inga (Kongo) sind ebenfalls unwirtschaftlich.
„Die meisten Großwasserkraftwerke sind wirtschaftlich nicht gewinnbringend. Statt des erhofften Profits, gefährden v.a. Schwellenländer ihre fragile Wirtschaft durch den Bau großer Staudämme, zu denen ihnen fälschlicherweise geraten wird”, so die Autoren der Studie. Um die Kosten sowie die Bauzeit der Megadämme realistischer zu budgetieren, empfehlen sie die Projektkosten jeweils zu verdoppeln und die geplante Bauzeit um zwei Drittel zu verlängern. Dadurch erreiche man eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit, Kosten und Bauzeit korrekt vorherzusagen. Damit kommen die Wissenschaftler zu ähnlichen Ergebnissen wie die letzte Analyse dieser Art – die der Weltstaudammkommission (World Commission on Dams) im Jahr 2000: Wasserkraftprojekte halten nicht, was sie versprechen. Dennoch boomt die Wasserkraft wie nie zuvor. Unter dem Deckmantel Klimaschutz und Entwicklung sollen weltweit ca. 5.000 große Staudämme im Bau und in Vorbereitung sein, fast durchwegs ohne Rücksicht auf Natur und die lokale Bevölkerung. Laut Survival International leiden weltweit etwa 750 Millionen Menschen an den Folgen von Staudämmen. Zigtausenden Arten droht das Aussterben. Und nun belegt diese Studie auch noch die wirtschaftliche Unsinnigkeit dieser Projekte. Was bleibt dann noch?